Das Coronavirus hat unser öffentliches Leben für einige Zeit weitestgehend zum Erliegen gebracht. Wird es jedoch auch dafür sorgen, dass wir in Zukunft dauerhaft weniger unterwegs sein werden, nie wieder in überfüllten Zügen reisen und das Auto als Fortbewegungsmittel einen Boom erleben wird?

Nach einer Umfrage des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt e.V., ist das Auto einer der größten Gewinner der Corona-Krise. Demnach weist der privat genutzte Pkw gegenüber anderen Verkehrsmitteln einen deutlich höheren Wohlfühlfaktor auf. Zu den großen Verlierern hingegen zählen jegliche öffentlich genutzten Verkehrsmittel. Ob Nah- oder Fernverkehr, Carsharing oder Flugreisen: Menschen fühlen sich aufgrund der Ausbreitung des Coronavirus deutlich unwohler bei der Nutzung jener Verkehrsmittel.

Doch was passiert, wenn COVID-19 in Deutschland vollständig überwunden ist? Wird sich unser Mobilitätsverhalten dauerhaft verändern, weil viele Berufstätige auch künftig vermehrt im Homeoffice arbeiten und auf Dienstreisen verzichten werden? Werden Busse und Bahnen dauerhaft weniger genutzt werden? Und was wird aus dem Flugverkehr und neueren Mobilitätsformen, wie zum Beispiel Car- und Ridesharing sowie Elektrorollern?

Nur langsame Erholung der Nachfrage im Luftverkehr erwartet

Ende März 2020 gaben 24% aller Teilnehmer einer Studie, die vom ADAC e.V. durchgeführt wurde an, künftig seltener das Flugzeug als Verkehrsmittel nutzen zu wollen. Bei Bahnreisen lag dieser Wert zum gleichen Zeitpunkt bei rund 20 Prozent. Jeder Vierte wolle häufiger zu Fuß gehen, etwa jeder Fünfte, öfter mit dem Rad fahren.

Die Lufthansa geht davon aus, dass die Erholung der Nachfrage im Luftverkehr aller Voraussicht nach nur sehr langsam verlaufen wird. Carsten Spohr, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Lufthansa AG, rechnet damit, dass die Flotte der Lufthansa Group nach der Corona-Krise etwa 100 Flugzeuge weniger zählen könnte. Hinzu kommen laut Spohr Überhänge in der Verwaltung sowie im Drittkundengeschäft der Servicegesellschaften.

Auch in Bezug auf Busse, Straßen-, U- und S-Bahnen haben die massiv zurückgegangenen Passagierzahlen in einigen deutschen Großstädten bereits zu tiefgreifenden Veränderungen geführt. Während in Hamburg und München lediglich geringe Korrekturen am regulären Fahrplan vorgenommen wurden, fahren in Berlin einzelne Linien seltener oder gar nicht mehr. Andere Großstädte haben Sonderfahrpläne eingeführt, die sich an den Angeboten an Wochenenden und in den Ferien orientieren. Den Angaben der jeweiligen Verkehrsbetriebe zufolge, werden diese Sonderfahrpläne auch nach der Corona-Krise ihre Gültigkeit vorerst nicht verlieren.

Herausforderungen für Anbieter von Sharing-Modellen

Ein ähnliches Bild ergibt sich für die Anbieter von Car- und Ridesharing sowie Elektrorollern. Demnach haben sowohl Lime und Jump als auch Bird und Voi, allesamt Anbieter von Elektrorollern, ihren Verleih in Deutschland bis auf weiteres eingestellt, stellen ihre Tretroller jedoch auf Anfrage Lieferdiensten oder auch Menschen in medizinischen Berufen zur Verfügung. Lediglich Tier, einer der größten, in mehreren deutschen Städten aktiven E-Scooter-Anbieter, geht in Zeiten der Corona-Krise einen anderen Weg und hat seinen Betrieb nicht eingestellt, sondern lediglich die Flottengröße reduziert. In Berlin beispielsweise stehen den Nutzern noch rund 700 von vormals 2.000 Tretrollern zur Verfügung.

Ob und wenn ja, wie lange das vorhandene Kapitel der genannten E-Scooter-Anbieter reicht, um die durch die Corona-Krise entstandenen Ausfälle zu kompensieren, ist Stand heute nicht absehbar.

Ähnlich wie gemeinschaftlich genutzte Elektroroller werden auch Fahrzeuge von Carsharing-Anbietern in Zeiten von COVID-19 deutlich weniger nachgefragt als dies noch vor der Krise der Fall war. Das gab der Bundesverband Carsharing (bcs) gegenüber der Deutschen Presseagentur bekannt. Demnach würden Anbieter Rückgänge von 50 Prozent und mehr im Vergleich zum Vorjahr vermelden. „Es könnte also so kommen, dass das Carsharing-Angebot nach der Corona-Krise in Deutschland deutlich verkleinert sein wird“, so eine Sprecherin des bcs.

Mehr Homeoffice, weniger Dienstreisen?

Ob Corona unser Mobilitätsverhalten nachhaltig verändern wird, hängt auch davon ab, wie wir zukünftig arbeiten werden. Mehr Homeoffice und weniger Dienstreisen? Eine aktuelle Umfrage der WirtschaftsWoche unter den 30 größten deutschen börsennotierten Konzernen deutet eine Entwicklung in diese Richtung an. Dort teilte beispielsweise der Stuttgarter Automobilkonzern Daimler mit, dass künftige Geschäftsreisen hinsichtlich Umweltbewusstsein, Zeit und Kosten möglichst nachhaltig und ressourcenschonend zu planen sind. Mögliche Alternativen zu Dienstreisen, wie beispielsweise die Nutzung von Videokonferenzen, sollten demnach vermehrt in Betracht gezogen werden. Die Allianz geht in dieser Umfrage davon aus, dass die Krise eine Entwicklung hin zu einer stärkeren Digitalisierung und Virtualisierung der Arbeit weiter beschleunigen wird, und flexible Arbeitsmodelle wahrscheinlich zunehmen werden.

Wie schnell sich die Nutzerzahlen im Nah- und Fernverkehr, bei Flugreisen und Sharing-Konzepten erholen und ob sich unser Mobilitätsverhalten durch Corona tatsächlich nachhaltig verändert, wird sich wohl erst in den nächsten Monaten zeigen.

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© Photos: Titel: Josu Ozkaritz/stock.adobe.com; Portrait: Johanna Lohr
Quellen: Quellen: www.tagesschau.de/multimedia/podcasts/malangenommen-corona-mobilitaet-101.html; www.adac.de/verkehr/standpunkte-studien/mobilitaets-trends/corona-mobilitaet; verkehrsforschung.dlr.de/de/news/dlr-befragung-wie-veraendert-corona-unsere-mobilitaet; www.tagesschau.de/wirtschaft/lufthansa-coronavirus-103.html; https://www.manager-magazin.de/unternehmen/artikel/lufthansa-ceo-carsten-spohr-rechnet-mit-10-000-mitarbeitern-weniger-a-1306546.html; www.zeit.de/mobilitaet/2020-04/e-scooter-tier-coronavirus-elektromobilitaet; www.spiegel.de/auto/carsharing-in-der-corona-krise-das-auto-teilen-nicht-die-viren-a-578638de-a261-4093-9cff-307eee2091a9 ;vision-mobility.de/news/corona-krise-carsharing-bricht-ein-39248.html; www.wiwo.de/erfolg/beruf/homeoffice-so-sehen-dax-konzerne-die-arbeitswelt-nach-corona/25846736.html