Am 26. Februar 2025 wurde der Omnibus-Vorschlag zur Anpassung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) offiziell vorgelegt. Die geplanten Änderungen könnten die Berichtspflichten für viele Unternehmen in der EU erheblich lockern.
Zwei zentrale EU-Gesetzgebungsverfahren stehen dabei im Fokus:
- Eine schnelle Entscheidung über die Verschiebung der Berichtsfristen um zwei Jahre für Unternehmen der Wellen/Kohorten 2 und 3 („Stop the clock“)
- Eine tiefgreifende Überarbeitung der CSRD mit höheren Schwellenwerten, reduziertem Berichtsumfang und Änderungen an der Auditierung
Während das EU-Parlament bereits am 1. April 2025 über die Fristverschiebung abstimmen wird, wird die endgültige Entscheidung zur größeren Reform (Punkt 2) erst später getroffen.
Was bedeutet das konkret? Und wie sollten Unternehmen jetzt reagieren?
Übersicht
CSRD-Update: Die Kernpunkte des neuen CSRD-Vorschlags
Die geplanten Änderungen lassen sich in folgende Bereiche unterteilen:
Änderungen an der EU-Taxonomie: Verpflichtung nur noch für große Unternehmen
Auch die EU-Taxonomie erfährt eine deutliche Anpassung:
- Es bleibt bei einer vollumfänglichen Berichterstattung für Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden und über 450 Mio. Euro Umsatz.
- Für Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden, aber weniger als 450 Mio. Euro Umsatz, wird die Taxonomie-Transparenz freiwillig. Sie können berichten, wenn sie taxonomie-konforme oder teilweise taxonomie-konforme Aktivitäten ausweisen. In diesem Fall müssen sie mindestens ihre Umsatz- und CapEx-KPIs offenlegen, während der OpEx-KPI entfallen kann.
Dies bedeutet, dass sich viele Unternehmen nicht mehr mit den technischen Taxonomie-Kriterien auseinandersetzen müssen, sofern sie nicht zu dieser definierten Gruppe gehören.
Was bedeuten die Änderungen für Unternehmen?
Eine strategische Einordnung
Während die regulatorischen Entwicklungen noch im Fluss sind, zeichnen sich bereits klare Handlungsempfehlungen für verschiedene Unternehmensgruppen ab.
Fall 1
Unternehmen, die bereits unter die NFRD-Berichtspflicht fallen
Unternehmen, die trotz neuer Schwellenwerte weiterhin berichtspflichtig bleiben
(> 1.000 Mitarbeitende)
Diese Unternehmen mussten bereits vor der CSRD über nicht-finanzielle Informationen berichten. In fast allen EU-Ländern wurde die CSRD bereits in nationales Recht umgesetzt, sodass die ersten Berichte über das Geschäftsjahr 2024 nach den neuen ESRS-Standards veröffentlicht wurden. Eine Sammlung von CSRD-Berichten finden Sie hier: SRN | Sustainability Reporting Navigator.
In Deutschland hingegen wurde die CSRD nicht in nationales Recht überführt, sodass formal weiterhin die NFRD-Berichtspflichten gelten. In der Praxis haben jedoch viele betroffene Unternehmen bereits begonnen, freiwillig nach den neuen Standards – laut einer Studie von Deloitte und DRSC sind es 77% unter vollständiger Beachtung der ESRS – zu berichten, um sich an internationale Marktanforderungen anzupassen.
- Den bestehenden Kurs beibehalten: Unternehmen, die bereits umfassender berichten, sollten nicht auf einen niedrigeren Standard zurückfallen.
- Effizienzsteigerungen prüfen: Falls der Umfang der Berichtspflichten tatsächlich reduziert wird, könnten Prozesse gestrafft werden.
- Investoren- und Marktanforderungen berücksichtigen: Selbst wenn die Regulierung erleichtert wird, bleibt die Erwartung an umfassende ESG-Transparenz bestehen
Unternehmen, die durch die neuen Schwellenwerte nicht mehr berichtspflichtig sind
(< 1.000 Mitarbeitende)
Diese Unternehmen waren bislang gemäß der NFRD berichtspflichtig, fallen aber durch die neuen Schwellenwerte aus der CSRD-Berichtspflicht heraus. Obwohl sie nicht mehr formal verpflichtet sind, haben sie bereits etablierte Berichtsprozesse und ESG-Datenmanagementstrukturen. Viele dieser Unternehmen stehen vor der Frage, ob sie die Berichterstattung reduzieren oder weiterhin an freiwilligen Standards festhalten sollen.
- Strategische Abwägung treffen: Die Entscheidung, ob weiterhin nach ESG-Standards berichtet wird, sollte sich an Investoren-, Kunden- und Marktanforderungen orientieren.
- Bereits bestehende Strukturen nutzen: Unternehmen mit etablierten ESG-Prozessen können eine reduzierte, aber dennoch wertvolle Berichterstattung beibehalten.
- Regulatorische Entwicklungen weiterverfolgen: Falls zukünftige Anpassungen an der Berichtspflicht vorgenommen werden, kann es sinnvoll sein, die ESG-Daten weiterhin zu erfassen, um flexibel zu bleiben.
Fall 2
Unternehmen der „Second Wave“, die trotz neuer Schwellenwerte weiterhin berichtspflichtig bleiben
(> 1.000 Mitarbeitende)
Unternehmen, die bereits alles vorbereitet haben
Diese Unternehmen haben frühzeitig Maßnahmen zur CSRD-Umsetzung ergriffen, ihre ESG-Datenstrukturen aufgebaut und sich auf die Berichterstattung nach den ESRS-Standards vorbereitet.
- Den eingeschlagenen Weg weiterverfolgen: Da die Berichtspflicht bestehen bleibt, sollten Unternehmen weitermachen.
- Die erwarteten Anpassungen im Berichtsumfang beobachten: Falls der ESRS-Standard inhaltlich entschlackt wird, kann dies genutzt werden, um Prozesse zu vereinfachen.
- Sich mit Prüfern abstimmen: Die geplanten konkreten Leitlinien für „limited assurance“ sollten berücksichtigt werden.
Unternehmen, die noch nicht mit der CSRD-Umsetzung begonnen haben
Diese Unternehmen hatten bislang mit der Umsetzung gewartet und befinden sich jetzt in der Situation, dass sie trotz neuer Regelungen weiterhin in der Berichtspflicht bleiben.
- Jetzt schnell eine strukturierte Vorgehensweise entwickeln: Die Fristverschiebung ermöglicht es, noch mit einer methodischen Herangehensweise zu starten, statt unter Zeitdruck kurzfristige Lösungen zu suchen.
- Mit der Doppelte Wesentlichkeitsanalyse beginnen: Um den Umfang der Berichterstattung zielgerichtet aufzusetzen, sollte eine fundierte Doppelte Wesentlichkeitsanalyse der erste Schritt sein.
- Digitale Tools frühzeitig einbinden: Viele Unternehmen, die jetzt erst starten, werden mit ähnlichen Herausforderungen kämpfen – es ist sinnvoll, sich zeitnah mit der Automatisierung und Softwarelösungen für ESG-Datenmanagement auseinanderzusetzen.
Fall 3
Unternehmen der „Second Wave“ und „Third Wave“, die durch die neuen Schwellenwerte nicht mehr berichtspflichtig sind
(< 1.000 Mitarbeitende)
Vorsicht: Es ist noch nicht final entschieden, ob es bei der Schwelle > 1.000 Mitarbeitende bleibt.
Unternehmen, die bereits alles vorbereitet haben
Diese Unternehmen haben bereits erhebliche Ressourcen in die CSRD-Umsetzung investiert und sich auf die verpflichtende Berichterstattung vorbereitet. Nun fallen sie aus der gesetzlichen Berichtspflicht heraus.
- Nicht sofort aufhören, sondern strategisch prüfen: Viele Kunden, Banken oder Investoren erwarten weiterhin ESG-Informationen, selbst wenn die gesetzliche Pflicht entfällt.
- Den VSME-Standard in Betracht ziehen: Auch wenn er freiwillig bleibt, kann er als Rahmen für eine reduzierte, aber dennoch wertvolle Berichterstattung dienen.
- Prozesse sinnvoll weiterentwickeln: Falls ESG-Daten bereits systematisch erfasst werden, könnte ein freiwilliger Bericht als Wettbewerbsvorteil genutzt werden.
Unternehmen, die noch nicht mit der CSRD-Umsetzung begonnen haben
Diese Unternehmen haben bisher keine Maßnahmen zur CSRD-Umsetzung ergriffen und erfahren nun, dass sie durch die neuen Schwellenwerte nicht mehr berichtspflichtig sind.
- Achtsam agieren: Auch wenn die gesetzliche Verpflichtung entfällt, kann ESG-Transparenz ein wichtiges Thema für Geschäftspartner und Kunden bleiben.
- Lieferkettenanforderungen im Blick behalten: Falls große Kunden weiterhin ESG-Daten von ihren Lieferanten fordern, kann es sinnvoll sein, sich darauf vorzubereiten.
- Den VSME-Standard als Orientierung nutzen: Unternehmen, die nachhaltig wirtschaften, können sich durch freiwillige Berichterstattung von Wettbewerbern abheben, da sie wertvolle Einblicke in ihre eigenen Prozesse gewinnen, Verbesserungspotenziale erkennen und ihre strategische Ausrichtung stärken.
Fazit: Unternehmen müssen flexibel bleiben – ESG-Transparenz bleibt entscheidend
Die geplanten Änderungen der CSRD werden zwar Erleichterungen für viele Unternehmen bringen, doch sie bedeuten keinesfalls das Ende der ESG-Berichterstattung. Die regulatorischen Anforderungen werden weiterentwickelt, doch die Marktanforderungen an nachhaltige Unternehmensführung bleiben bestehen. Es ist auch abzusehen, dass der Vorschlag nicht vollständig akzeptiert und umgesetzt wird. Wir gehen daher davon aus, dass sich womöglich an dem vorgeschlagenem Schwellenwert und auch an den Datenpunkten und der zeitlichen Komponente noch etwas ändern wird.
Unabhängig davon, ob die CSRD-Berichtspflicht formell verschoben oder reduziert wird, bleibt ESG-Transparenz ein entscheidender Faktor für langfristigen Geschäftserfolg. Unternehmen, die frühzeitig eine solide Nachhaltigkeitsstrategie etablieren, profitieren auch unabhängig von regulatorischen Änderungen.
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Quellen: Praxis der Nachhaltigkeitsberichterstattung nach CSRD/ESRS, Eine Analyse börsennotierter Unternehmen für das Geschäftsjahr 2024: drsc.de, Abrufdatum: 17.03.2025; European Commission, Commission simplifies rules on sustainability and EU investments, delivering over €6 billion in administrative relief: finance.ec.europa.eu, Abrufdatum 17.03.2025; Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e.V., Briefing Paper: Omnibus-Initiative zur Vereinfachung der Nachhaltigkeitsberichterstattung (Stand: 6. März 2025): drsc.de, Abrufdatum 17.03.2025
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