Online Portale gelten im Versicherungsbereich sowohl für Privat- als auch Geschäftskunden als Standard für die Abwicklung von Neuanträgen, Schadenfällen oder Zahlungen. Dabei gilt: Je einfacher und übersichtlicher ein Portal gestaltet ist, desto höher zeigt sich auch die Kundenzufriedenheit.¹ Doch welche Herausforderungen verbergen sich für ein Unternehmen hinter der kundenfreundlichen Oberfläche, von der Konzeption bis zum Betrieb des Portals?

Kundenportale – Welchen operativen Herausforderungen müssen sich Versicherer stellen?

01

Kundenportale: Was verbirgt sich dahinter?

In den letzten Jahren haben sich Start-ups („Insurtechs“) auf digitalen Technologien gegründet und auf die Versicherungsbranche Einfluss genommen: Der Einsatz von Online-Antragsstrecken, Apps und Kundenportalen hat den klassischen Direktvertrieb etablierter Versicherungen unter Druck gesetzt.²

Knapp jeder Zweite signalisiert Bereitschaft seine Versicherungspolice online abzuschließen – unabhängig vom Alter.³ Als Antwort auf diese Herausforderung bietet ein Großteil der deutschen Erstversicherer seit einigen Jahren bereits zeitgemäße Kundenportale an. Andere planen nach wie vor den Schritt.

Entscheidet sich der Versicherer für eine vollautomatisierte Lösung eines Kundenportals, so entscheidet er sich für Kostenersparnisse und Vertriebschancen in Form von beispielsweise sofortigen Versicherungsabschlüssen, direkten Zahlungsströmen, automatisiertem Briefversand und folglich auch höherer Kundenzufriedenheit. Ausschlaggebend ist eine funktionierende Hintergrundverarbeitung in automatisierter Form: Dies bedeutet, dass Standard- Prozessschritte aus dem Portal heraus finalisiert werden, ohne manuelle Vervollständigung durch einen Sachbearbeiter. Anpassungen an Vertragsdaten lassen sich innerhalb des Portals vom Kunden selbstständig zu jeder Tages- und Nachtzeit durchführen, ohne per Post oder telefonisch Kontakt mit dem Kundenservice der Versicherung aufnehmen zu müssen.

Bei dieser vollautomatisierten Lösung entstehen weitreichende Aufwände bei der technischen Umsetzung sowie im Betrieb bei Test und Wartung.

02

Welche Herausforderungen ergeben sich bei der Umsetzung eines Portals?

Für die technische Umsetzung sollten sich Versicherer zu Beginn mit der klassischen „Make-or-buy“ Frage beschäftigen: Ist es möglich mit den eigenen betrieblichen Strukturen ein vollumfängliches Kundenportal technisch zu konzipieren oder greift man auf die Expertise von spezialisierten Zulieferern zurück?

Grundsätzlich sollte gelten, dass bei Zukauf der Portallösung ein Versicherungsunternehmen die internen Kapazitäten aufrechterhält und sich auf Kernthemen des Versicherungswesens sowie den operativen Betrieb fokussiert. Wählt man die Zuliefererlösung, ergibt sich jedoch neben zunächst hohen initialen Kosten auch ein Abhängigkeitsverhältnis zum Bereitsteller der Portalsoftware bei Wartung und Fehlerbehebung in Produktion. Es bietet sich somit an, frühzeitig den eigenen Betrieb fit zu machen im Umgang mit den technischen Spezifikationen des zugekauften Portals: Unterstützende Mitarbeit in der Entwicklung und beim Fehlerhandling können hierbei eine Möglichkeit sein, um die hohe Verantwortung der Portalerstellung von den Schultern des IT- Betriebs zu nehmen. Gleichzeitig bereitet man durch gezielte Einbindung den Betrieb auf operative Aufrechterhaltung des Portals vor und reduziert dabei auf lange Sicht die Abhängigkeit vom Zulieferer bei Service- und Fehlerthemen.

Auch im agilen Kontext ist die Konzeption, also die Aufnahme fachlicher und prozessualer Anforderungen nicht zu trennen von der eigentlichen technischen Umsetzung. Häufig sind an dieser Stelle externe Dienstleister eingebunden: Auf der einen Seite als beratende Fachunterstützung und auf der anderen Seite die auf Portallösungen spezialisierten IT-Zulieferer, die auf Basis der Spezifikationen die technische Umsetzung des Portals durchführen.

Bei etablierten Versicherern finden sich historisch gewachsene IT-Infrastrukturen als nicht zu vernachlässigende Herausforderung: In der Regel handelt es sich um ein funktionierendes Geflecht aus Host, diversen Umsystemen, SAP und eingekauften Anwendungen von Drittanbietern. Die technischen Systeme dienen hier einer fachlichen Funktion, sei es für den Druck zum Versand von Schriftstücken, zur Zahlungsabwicklung, internen Archivierung oder als Bestandsdatenbank für Versicherungskunden. Eben diese Strukturen im Hintergrund gilt es vom Kundenportal zu beliefern und in digitale Geschäftsprozesse eines Portals einzugliedern. Es gilt: Die bestehende, operative Systemaltwelt muss technisch zusammengebracht werden mit den Standards einer modernen Portallösung.

Somit ergibt sich sehr schnell eine Vielzahl an Umsetzungsthemen mit hoher Komplexität, die aus der Zusammenarbeit interner und externer Projektmitarbeiter entsteht. Eine zielgerichtete Steuerung, die das Projektdreieck (Qualität, Zeit, Kosten) nicht aus den Augen verliert, wird erfahrungsgemäß unerlässlich.

Auf Basis unserer Projekterfahrungen zeigt sich, dass Koordination, Kommunikation und unklar definierte Themenverantwortung immer wieder zu Problemen bei der Umsetzung führen und daher eine konsequente und zuverlässige Steuerung für den Projekterfolg benötigt wird.

03

Ein kundenportal in der Produktivphase

Nach Produktivsetzung eines Portals empfiehlt es sich neben nachgelagerter Fehlerbehebung auch vorbeugende Maßnahmen zu treffen. Regelmäßig sollten Regressionstests durchgeführt werden, um das vollumfängliche Funktionieren der Anwendung zu gewährleisten.

Zum Einsatz kommen an dieser Stelle Tools zur Testautomatisierung. Diese sind dafür ausgelegt automatisch die Standardprozesse des Portals Feld für Feld nach vorgegebenem Muster durchzuprüfen. Stehen die Testschritte bereit, so ist es möglich in relativ kurzer Zeit eine Vielzahl an Testfällen regelmäßig anlaufen zu lassen, um die Funktionalität des Portals zu bestätigen und Fehler frühzeitig zu entdecken. Unterschätzen sollte man nicht den Aufwand der initialen Erstellung sowie die Umsetzung über entsprechende Automatisierungssoftware. Dennoch zahlt sich der Aufwand aus, da die automatische Durchführung um ein vielfaches zügiger durchgeführt werden kann als manuelles Testen nach Vorlage.

Ganz lässt sich allerdings nicht auf den Einsatz von Testern im Regelbetrieb verzichten: Komplexe Tests auf Ausnahmen vom Standard sowie mit Sachverstand durchgeführte Tests bleiben ebenfalls eine Grundlage, um ein funktionierendes Portal aufrecht zu erhalten.

Der Einsatz einer Portallösung ist ein wichtiges und zeitgemäßes Element der Wertschöpfung in der Versicherungsbranche.

Versicherer sollten das Prinzip des automatisierten Kundenportals im Kontext gewachsener IT-Strukturen verstehen und sich im Vorfeld neben strategischen Themen auch mit Herausforderungen der Umsetzung und des Produktivbetriebs vertraut machen. Mit den richtigen Partnern im Projekt können die Komplexität und auftretende Fragestellungen von Konzeption bis Produktion erfolgreich bewältigt werden.

Ihr Ansprechpartner

Hier erfahren Sie mehr zu unseren Beratungsleistungen im Bereich Insurance:

© Photos: fizkes/stock.adobe.com