Das komplexe Entwicklungsumfeld digitaler Fahrzeugservices erfordert enge Abstimmungen zwischen den involvierten Stakeholdern sowie eine vollumfängliche, für alle gleichermaßen verständliche Dokumentation des Produktkonzepts und der abgeleiteten Anforderungen. Die Zusammenarbeit crossfunktionaler Teams stellt dabei insbesondere hinsichtlich der Definition, Dokumentation und Kommunikation der fachlichen Anforderungen eine besondere Herausforderung dar. Dieser Herausforderung können OEMs mit dem Einsatz geeigneter Prototyping-Methoden und -Tools begegnen. Dabei sollten die Methoden entsprechend der jeweiligen Phase der Produktentwicklung ausgewählt werden. 

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Ideation 

In der Ideation Phase steht die Ideensammlung im Fokus. Ziel dabei ist es, sich bestmöglich in den Kunden hineinzuversetzen und möglichst viele Ideen für neue Produkte oder Produktverbesserungen zu generieren. In dieser lösungsoffenen, frühen Phase bietet sich deshalb die Nutzung geeigneter Kreativitätstechniken im Rahmen von Ideation Workshops an. Bewährt hat sich bspw. die Design Thinking Methode, die in sechs Phasen untergliedert wird und in der fünften Phase den Einsatz von Prototyping vorsieht. Ziel ist es dabei, die erarbeiteten Produktideen so zu visualisieren, dass sie verständlich und greifbar werden. Die Prototypen müssen jedoch nicht realitätsnah und vollständig sein. Am Ende des Workshops werden die gesammelten und visualisierten Ideen gemeinsam bewertet und priorisiert. 

Prototyping in den Phasen der Produktentwicklung 

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Grobspezifikation 

Nachdem in der Ideation Phase grobe Ideen erarbeitet wurden, können ausgewählte Ideen ab der Phase der Grobspezifikation weiter bearbeitet werden. Dabei bieten sich unterschiedliche Techniken an, die in Abhängigkeit von der Komplexität und der Rahmenbedingungen des Produkts eingesetzt werden können. Bei komplexen Produkten bietet sich der Einsatz von Paper Prototyping an, da diese so mit geringem Aufwand greifbar gemacht werden können. Bei einem Paper Prototyping Workshop sind klassischerweise neben dem federführenden Feature-Owner auch UX/UI oder Schnittstellen anwesend. Laminierte Screens der wichtigsten Touchpoints, Aktionen oder Anzeigefelder können hilfreich sein, um mit einfachen Hilfsmitteln einen für alle verständlichen Prototypen zu erarbeiten. Ziel des Workshops ist es, ein gemeinsames Verständnis von der Produktidee zu generieren. Das Ergebnis stellt ein erstes Konzept als Basis für die Weiterentwicklung des digitalen Fahrzeugservices dar. 

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Feinspezifikation

Sobald die Produktidee weiter ausdetailliert wird, kann mithilfe einer geeigneten Software (bspw. Axure) ein Prototyp entwickelt werden, der die Funktionalitäten des Produkts realitätsnah abbildet und bei Bedarf dem Use Interface des finalen Produkts möglichst nahe kommt. Bei wenig komplexen Produkten kann ein solches Tool auch bereits im Rahmen der Grobspezifikation genutzt werden. In diesem Fall kann auf die vorherige Nutzung von Paper Prototyping verzichtet werden. Bei komplexen Produkten entsteht bei der Erstellung und Pflege des Prototypen in Axure hingegen verhältnismäßig viel Aufwand, weshalb die Idee vorab mittels eines weniger aufwändigen Tools (bspw. Paper Prototyping) visualisiert werden sollte. Dieser Aufwand führt jedoch zu einigen Vorteilen, die diesen rechtfertigen: 

Konzepte können Touchpoint-übergreifend visualisiert werden. Dieser Aspekt ist für die Entwicklung digitaler Fahrzeugservices von besonderer Relevanz, da diese verstärkt neben dem Fahrzeug selbst auch die App des Fahrzeugherstellers mit einbinden. Dadurch steigt die Komplexität des Anforderungsmanagements und die Schwierigkeit, die Anforderungen allen Stakeholdern gleichermaßen verständlich zu machen. Hierbei kann Prototyping unterstützen, da die funktionalen Anforderungen durch die direkte Erlebbarkeit des Zielprodukts nicht missverstanden werden können. Auch für die Präsentation des Konzepts in Gremien sind Prototypen ein geeignetes Mittel, um Begeisterung hervorzurufen und die benötige Unterstützung des Managements zu erlangen. Die Produktidee bedarf keiner weiteren Erläuterung und ist für das Management direkt greifbar und verständlich. 

Auch nach der initialen Erarbeitung der Feinspezifikation eröffnet der Prototyp weitere Potentiale. So können Konzeptanpassungen direkt visuell dargestellt und deren Folgen auf angrenzende Produktbestandteile sichtbar gemacht werden. Dies erleichtert unter anderem die Durchführung von Reviewschleifen mit relevanten Stakeholdern, indem einzelne Screens des Prototypen bspw. in Confluence aufgenommen und Feedback entsprechend eintragen werden kann. Durch die anschließende Einarbeitung des Feedbacks in den Prototypen und die Präsentation des angepassten Konzepts kann die crossfunktionale Zusammenarbeit deutlich verbessert werden. Es wird sichergestellt, dass das Feedback korrekt verstanden wird und die Stakeholder haben die Möglichkeit, die Auswirkungen des Feedbacks realitätsnah zu verifizieren. Zudem kann der Prototyp für Kundenstudien eingesetzt werden. Das bereits erlebbare Produkt kann von einer geeigneten Stichprobe der Zielgruppe getestet werden, ohne dass explizit Aufwand für die Erstellung eines Test-Setups anfällt. 

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Implementierung 

Im Rahmen der Implementierung bietet der Prototyp den Entwicklerteams die Möglichkeit, vorab das zu erzielende Ergebnis ihrer Arbeit anzusehen. Dadurch wird der Abstimmungsaufwand zwischen der Fachabteilung und den Entwicklerteams reduziert. Zudem können Missverständnisse bzgl. der Anforderungen vermieden und dadurch Umsetzungsfehler reduziert werden. Zusätzlich haben die Entwicklerteams die Möglichkeit, einen regelmäßigen Abgleich zwischen dem Prototypen und ihren Inkrementen durchzuführen und dadurch die Qualität ihrer eigenen Arbeit zu verifizieren. 

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Rollout 

Analog zu den Entwicklerteams können auch die absichernden Stellen den Prototypen nutzen, um die fachlichen Anforderungen direkt mit dem tatsächlichen Produkt abzugleichen. An dieser Stelle ist ein korrektes Verständnis des Zielbilds von besonderer Relevanz, da die absichernden Stellen selten in die Konzeption eingebunden sind. Zudem sichern sie eine Vielzahl an Produkten ab und können dadurch nicht alle Anforderungen im Detail kennen. Durch den Prototypen werden die Aufwände für die Erstellung der Testfälle sowie die Durchführung der Tests deutlich reduziert. 

Insgesamt kann Prototyping die Zusammenarbeit der crossfunktionalen Teams erleichtern und alle Phasen des Produktentwicklungsprozesses unterstützen. Dabei sollten jeweils geeignete Methoden angewendet und insbesondere eine Kosten-Nutzen-Abwägung durchgeführt werden. Der Nutzen ist umso höher, je komplexer das Produkt ist und je mehr Stakeholder involviert sind. Um den Aufwand möglichst gering zu halten, sollte der Fokus zudem auf die Funktionalitäten und nicht auf das Design gelegt werden. Um in allen Phasen von den Vorteilen des Prototypen profitieren zu können, sollte dieser kontinuierlich gepflegt und aktualisiert werden. Wenn der Prototyp als Konzept- und Anforderungsdokumentation dienen soll, müssen hier die gleichen Standards befolgt werden, die auch für klassische Dokumentationsformen gelten. 

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