„Wir haben da ein spannendes neues Thema, das wir gerne in einem Projekt vorantreiben wollen. Und wir wollen, dass Sie die Projektleitung übernehmen! Da können Sie zeigen, was Sie können!“  

Wer hört einen solchen Satz nicht gerne von Vorgesetzten oder Abteilungsleitung. Womöglich verbirgt sich dahinter eine Chance. Sicher gibt es hingegen auch gute Gründe dieses Angebot abzulehnen – unpassende Rahmenbedingungen oder die Projektleitung ist noch on top zu den täglichen Aufgaben zu leisten. Das soll aber nicht Inhalt dieses Beitrags sein – vielmehr geht es darum herauszuarbeiten, welche Rahmenbedingungen stimmen müssen, damit ein solches Angebot eine reizende Chance ist. Kurzum, es geht um die kritischen Erfolgsfaktoren für Projektmanagement in der Praxis.  

Die Auswahl der drei kritischen Erfolgsfaktoren für gelingende Projekt basiert auf den zahlreichen praktischen Projekterfahrungen unserer Berater:innen aus verschiedenen Kundenumfeldern und ist bei weitem nicht umfassend. Für uns haben sich die genannten Faktoren jedoch vor allem im Versicherungsumfeld als die drei wichtigsten Kernfaktoren herausgestellt, um Projekte erfolgreich in der Praxis zu managen.  

Wie muss ein fruchtbares Umfeld für ein Projekt gestaltet sein, damit ein Umsetzungsvorhaben erfolgreich gelingen kann?  

Ein Bigger Picture entwickeln und den Überblick behalten 

Gerade in größeren Organisationen ist das im Blick behalten des so genannten „Big Pictures“ oder auch der High-Level-Überblick über mehrere zusammenhängenden Themen enorm wichtig. Oft werden für diese Rolle Programme eingeführt, die (geplante) Projekte zu einem gemeinsamen thematischen Fokus bündeln.  

Die folgenden Eigenschaften des Programmmanagements oder auch von Projektauftraggebern (im Fall der Betrachtung der Einzelprojekte) sind besonders wichtig:  

  • Klare Verantwortlichkeit für den Aufgabenbereich bzw. für das Thema
  • Strikte Verfolgung der übergeordneten Strategie bzw. des Programms
  • Kommunikation der Vision bzw. mindestens Transparenz schaffen, warum ein bestimmtes Thema umgesetzt werden soll (Hervorheben des Nutzens)
  • Praktische Unterstützung der Projektleitung bei Eskalationen (Maßnahmen)
  • Entsprechende Entscheidungsbefugnis (Mandat)
  • Entscheidungsfreudigkeit

Transparenz in Reporting und Kommunikation schaffen 

Damit notwendige Entscheidungen im Projektverlauf von zuständigen Personen oder Gremien getroffen werden können, braucht es eine weitere Voraussetzung: vollumfängliche Transparenz im Reporting und klare Kommunikation gegenüber den Entscheider:innen sowie auch von diesen gegenüber den Projektmitarbeiter:innen sowie weiteren Stakeholdern. 

Realisieren lässt sich dies durch folgende drei Maßnahmen:

  • Transparenz
    Es ist wichtig, transparent über die Ausgangssituation und die identifizierten Herausforderungen zu berichten, um den Kreis der Entscheider:innen mit allen notwendigen Informationen und Hintergründen zu versorgen
  • Lösungsalternativen und Projektempfehlung
    Noch wichtiger ist jedoch das Aufzeigen von Alternativvorschlägen für das weitere Projektvorgehen, ergänzt mit einer Empfehlung des vom Projektteam präferierten bzw. in der Gesamtsituation am positivsten bewerteten Handlungsoption
  • Gute Vorbereitung
    Wenn Entscheidungen durch klare Schilderung der Ausganslage und das Aufzeigen von Alternativen und der Projektempfehlung gut vorbereitet werden, können diese konsequent und vor allem rechtzeitig getroffen werden

Grundlage für solche wichtigen Projektentscheidungen stellt ein transparentes Projektreporting der Projektverantwortlichen gegenüber der Projektgremien bzw. Entscheider:innen dar – sei es im Lenkungsausschuss, Soundingboard oder beispielsweise im Programm-Jour Fixe. Ohne ein transparentes Reporting inklusive Benennung aller Projektrisiken mit entsprechender Bewertung und möglichen Maßnahmen kann das Management von der Notwendigkeit beispielsweise eines Change-Requests überrascht werden und somit die Entscheidung nur mit unzureichender Vorbereitung treffen.

Kriterien des Reportings können sich am Fortschritt des (fachlichen) Inhalts, der Erreichung der Meilensteine und dem verbrauchten Budget orientieren. Eine “Ampel” schafft Klarheit über den Stand der Dinge:

  • Rot= Projekt blockiert, dringend Maßnahmen erforderlich.
  • Gelb= Verzögerung eingetreten, durch geeignete Maßnahmen kann das Projekt die Probleme selbst lösen.
  • Grün= Kein Klärungsbedarf von Themen

Einmal getroffene Entscheidungen sollen nicht sofort wieder revidiert werden und vor allem transparent kommuniziert werden, sowohl gegenüber dem Projektteam als auch weiteren Stakeholdern. Dabei ist es auch wichtig das „Warum“ zu erklären – allerdings in unterschiedlicher Granularität in Abhängigkeit der Stakeholdergruppe. Die Kommunikation kann entweder von den Entscheider:innen selbst übernommen werden (beispielsweise gegenüber „gleichrangigen Entscheider:innen“) oder stellvertretend von den Projektverantwortlichen beziehungsweise der dafür geschaffenen Projektrolle (das bietet sich vor allem bei Kommunikation ans Projektteam bzw. im Fall von allgemeineren Informationen an weitere Stakeholder an).

Planung im hybriden Umfeld zwischen klassisch und agile gestalten

Auch in hybriden Umfeldern, in denen sowohl klassisch als auch agil gearbeitet wird, ist es wichtig, eine Zeitplanung aufzustellen und „Meilensteine“ zu setzen. Dabei handelt es sich jedoch um keine unumstößlichen, „in Stein gemeißelten“ Fixtermine, sondern eher um Etappenziele, die zur Erreichung des großen Projektziels – der Mission und Vision – notwendig sind. Sie bieten die Chance regelmäßig, zu geeigneten Zeitpunkten den Projektfortschritt bewerten zu können. 

Die längerfristige Planung sollte also nicht zu granular gestaltet werden, es ist nicht zwingend notwendig von vornherein zu bestimmen, welche Tätigkeiten in neun Monaten durchgeführt werden. Stattdessen sollten für solche Zeiträume smarte Zwischenziele definiert werden, auf die iterativ in wiederkehrenden Zyklen hingearbeitet werden: 

S: spezifisch (d.h. klar definiert, nicht nur allgemein formuliert)

M: messbar (d.h. im besten Fall objektiv nachvollziehbar)

A: attraktiv (d.h. motivierend, auf das Wachstum einzahlend)

R: realistisch (d.h. ereichbar, jedoch durchaus ambitioniert)

T: terminiert (d.h. zu welchem Zeitpunkt ist das Ziel erreicht)

So muss von vornherein nicht feststehen, wie diese Etappenziele erreicht werden, sondern nur, dass deren Erreichen für das ganze Projekt (und die damit verbundene Vision) wichtig ist. Wird während der Umsetzungen festgestellt, dass Abweichungen bei der Erreichung der Zwischenziele erwartet werden, so müssen diese transparent bewertet und die damit verbundenen möglichen Konsequenzen / Risiken reportet und an die betroffenen Stakeholder kommuniziert werden. Bedingt ein Verzug bei einem dieser Zwischen-Prüfpunkte ebenso Verzögerungen bei anderen Prüfpunkten oder gar dem Projektziel, muss in Folge die High-Level-Planung angepasst werden.

Das zügige Sammeln von Erfahrung und in diesem Zusammenhang auch von Wissen, um die Komplexität des Vorhabens, sollte nach unserer Einschätzung mehr im Mittelpunkt stehen als eine zu detaillierte Vorabplanung, die im Projektverlauf aufgrund allerlei Unbekannter revidiert wird.

Dennoch sollten vorab „Leuchtturm-Meilensteine“ als Etappenziele festgelegt werden, auf dem Weg das Projektziel oder die Projektvision zu erreichen. Das dient einerseits der Überprüfung, ob man sich noch „on track“ befindet oder es bereits größere Abweichungen gibt und andererseits ermöglicht es die Bepreisung / Budgetierung zumindest des sehr groben Umfangs des Vorhabens.

In einem vergangenen Projekt hat es geholfen, alle genannten drei kritischen Erfolgsfaktoren umzusetzen, nachdem das Projekt schon einige Zeit auf der Stelle verharrt ist. So haben wir im ersten Schritt den IST-Stand des Projekts transparent dargestellt und darauf aufbauend Lösungsalternativen zum weiteren Projektvorgehen unter Beachtung der projektpolitischen Situation ausgearbeitet. In der Folge konnte so durch das Management eine entsprechende Entscheidung zum Turnaround des Projekts getroffen werden. Auch nach der Neuausrichtung unterstützen wir weiterhin das Projekt in verschiedenen operativen Rollen.

Fazit

Somit ist es uns auch in diesem Projekt erneut gelungen, durch die konsequente Beachtung der drei kritischen Erfolgsfaktoren in einem sehr herausfordernden Umfeld bei einem Versicherungskunden gelungen, Transparenz über den wirklichen Projektstand zu schaffen und die notwendigen Entscheidungsgrundlagen für die Neuausrichtung des Projekts zu legen.

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