Ein schlecht platzierter proaktiver Vorschlag, der zur falschen Zeit kommt oder den Fahrer:innen nicht schlüssig erscheint, wird ungleich stärker wahrgenommen, da er den Nutzungsflow unterbricht und die Fahrer:innen im schlimmsten Fall stören könnte. Mehren sich Empfehlungen, die von den Kund:innen als negativ empfunden werden, kann dies dazu führen, dass das System abgelehnt wird.
Ein Beispiel hierfür sind Stauumfahrungsvorschläge von Navigationsdiensten, die in kurzen Zeitabständen angeboten werden, dabei jedoch lediglich einen Zeitgewinn von 1-2 Minuten ausmachen und zusätzlich eine längere Wegstrecke und mehr Spritverbrauch bedeuten. Auch wenn die Logik des Algorithmus hier korrekt angewandt wird, fallen diese Vorschläge häufig durch eine zu hohe Frequenz auf. Eine Konsequenz daraus kann sein, dass Nutzer:innen sich durch die Hinweise gestört fühlen und im schlimmsten Fall den Navigationsdienstanbieter wechseln.
Aus diesem Grund ist es essentiell den Kund:innen die richtigen Vorschläge zum richtigen Zeitpunkt zu machen.
Ein weiterer Baustein, der neben dem richtigen Zeitpunkt und der korrekten Antizipation die positive Wahrnehmung der Nutzer:innen hinsichtlich eines proaktiven Vorschlags beeinflusst, ist die Dominanz des Vorschlags: Wenn ein Vorschlag ein genaues Timing bedingt, sollte er möglichst dominant platziert sein (beispielweise im Head-up Display oder im Kombiinstrument), um im richtigen Augenblick wahrgenommen zu werden. Zeitgleich dürfen Vorschläge die Fahrer:innen nicht ablenken oder beim Fahren stören. Ein eher dezent platzierter Hinweis hingegen birgt das Risiko übersehen zu werden.
Das Sammeln von Daten über das Nutzerverhalten und die daraus gewonnenen Erkenntnisse sind entscheidende Faktoren, die die Qualität von Empfehlungen beeinflussen: Je mehr Daten gesammelt und analysiert werden, umso besser werden die Vorschläge. Die individuelle Treffsicherheit von proaktiven Vorschlägen als auch die Anzahl der von den Kund:innen als positiv wahrgenommenen Vorschläge steigt mit den Daten, die Kund:innen dem Automobilhersteller zur Verfügung stellen.
Zusätzlich sehen sich Automobilhersteller der Herausforderung gegenüber die schnelllebige Software-Entwicklung mit den langlebigen Hardware-Entwicklungszyklen von Steuergeräten zu harmonisieren. Erinnern wir uns an das Beispiel der automatischen Abstandsregelung zurück:
Damit ein proaktiver Vorschlag basierend auf dem Fahrverhalten der Kund:innen als auch der Stausituation ausgegeben werden kann, müssen die entsprechenden Informationen vom Zielsteuergerät bereitgestellt werden. Im Fall von Fahrassistenzfunktionen muss also die Software bspw. auf dem Kameraleitsystem oder der Motorsteuerung angepasst werden, damit diese die nötigen Daten bereitstellen. Während die eigentliche Implementierung wenig aufwändig ist, unterliegt diese Hardware in der Automotive Branche strengen und langwierigen Freigabeprozessen, da die Sicherheit dieser Systeme oberste Priorität hat. Entsprechend müssen diese Anpassungen in der Software über einen Zeitraum von 1-2 Jahren geplant, umgesetzt und getestet werden. Hinzu kommt eine große Flexibilität in der Konfigurierbarkeit von Fahrzeugen durch Kundinnen und Kunden, die im Entwicklungs- und Absicherungsprozess berücksichtigt werden muss. Die genannten Aspekte machen die Integration im Automotive Bereich besonders planungsintensiv und erfordern optimal aufeinander abgestimmte Prozesse.